Durch Zufall gefunden: Bernard Civette

Hier geht es Generell um Schnupftbabak, der ja auch eine rauchlose Art des Tabakgenusses ist.

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Durch Zufall gefunden: Bernard Civette

Beitragvon Fliegenfischer am 08.03.2007, 10:20

Hallo Zusammen,

habe gestern beim Tabakhändler beim Blick in die Snuff-Kiste ein Fläschchen Bernard Civette extra fein kaufen können.
Denke, die Flasche ist überlagert (zwei Adressen von Fa. Bernard, eins mit 4-stelliger PLZ, eins mit 5-stelliger????) Oder wurde zu den alten Etiketten einfach die aktuelle Adresse dazugeklebt?
Beim Schnupfen empfand ich ihn als seeehr trocken, das Aroma kann ich nicht definieren, irgendwie komisch (holzig find ich).

Was habt ihr für Erfahrungen mit dem Snuff?

Gruß, Michael
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Beitragvon Tabakkorn am 08.03.2007, 17:56

Hi Fliegenfischer,

der Civette ist von Haus aus ziehmlich trocken. Das Aroma würde ich so zwischen Veilchen, Tabak und Kaffee einordnen mit einem "modrigen" Nacharoma. Bei mir steht auch eine vierstellige Postleitzahl drauf, ob wohl ich das Fläschchen vor ca. 5 Monaten erstanden habe.

Gruß
Bernd
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Beitragvon Montyspeedracing am 11.03.2007, 19:27

Hallo,
bei Bernard sind auch einige Etiketten noch älter und werden verbraucht - klar - die haben schliesslich auch Geld gekostet. Dass der Herr Konsument etwas verwirrt wird (die Postleitzahlumstellung geschah 1993 - fünf ist Trümpf...), spielt da wohl eine untergeordnete Rolle.
Generell ist das Material bis min. Ende 2006 auch noch bei Rajek.de im Angebot gewesen. Meine Erfahrung mit dem Civett und dem Kownoer ist ein Ammoniak-Geschmack, auf den ich noch nie gestanden habe. Und man sagt ja, die schwache Base (also Ammoniak) wird von der starken Base ausgetrieben. Was also ist wohl nur mit meiner Nase los? Ha-haaa..
Aber im Ernst: auch die hervorragenden Schmalzler von Sternecker wurden noch lange Zeit in "alten Tüten" abgefüllt. Also: gut schnupf - don´t worry!
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Beitragvon Honki am 21.03.2007, 15:21

Finde ich irgendwie strange mit den alten Postleitzahlen. Im Laufe von 10 Jahren werden die doch wohl mal neue Etiketten produziert haben können.

Aber vielleicht haben die in den 80ern ja schon mal für die nächsten 200 Jahre gedruckt, in der Hoffnung, dass die PLZ sich nicht ändern.... :roll:
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Beitragvon Ralph am 16.07.2007, 17:03

Die Civette Extrafein von Bernard ist kein "Snuff", sondern ein Schnupftabak im alten klassischen Sinn. Ich könnte es mir vorstellen, dass Friedrich der Grosse einen Tabak dieser Art in seinen goldenen, edelsteinbesetzten Schnupftabakdosen hatte.
Er ist einer der wenigen, heute noch erhältlichen, ganz alten, klassischen Schnupftabaksorten, wie sie zum Beispiel von Lotzbeck damals in Ingolstadt hergestellt wurden. Für mich schmeckt der Tabak ganz einfach nach Tabak, nicht mehr und nicht weniger. Und genau das macht die Gösse dieses Tabakes aus. Nicht die Postleitzahl auf der linken Seite der Flasche ist interessant, sondern das, was auf der rechten Seite steht. Und da steht: "Nach einer Rezeptur / aus dem Jahr 1915 / Civette extrafein / reines Tabakaroma, / mild abgestimmt, / ausseroerdentlich feinkoernig".
Ja es ist schon wahr, so ein Tabak braucht nicht eimerweise Menthol oder sonstige Aromen; er ist aus sich heraus gut. Dass heute solche Tabake kaum noch angeboten werden, liegt daran, dass heute nur wenige mit diesen dezenten, feinen Geschmacksnoten etwas anfangen können. In den 20iger Jahren kam der stark aromatisierte Doppelaroma von Pöschl in Mode, was den Durchbruch der Firma Pöschl bedeutete. Und in den ganz frühen 70iger Jahren kam die Gletscher-Prise, die ja so ziemlich zum Inbegriff von Schnupftabak, zumindest in Deutschland wurde. Das heisst, es kamen immer stärkere Geschmacksrichtungen in Mode, bestimmten und bestimmen den Markt, während die alten Tabake ausser Mode kamen und von den neuen verdrängt wurden. Es ist ja auch klar, im Beruf, im Alltagstress einer hektischen nicht mehr beschaulichen Zeit zwischen Kaufhaus und U-Bahn, schmeckt man von der Civette nichts mehr, da muss stärker schmeckender Tabak her.
Mit der Civette Extrafein und den andern Fläschchen-Tabaken von Bernard, dem Alt-Offenbacher Köstlich, dem Kownoer und dem Pariser Nr.2 stehen noch alte Tabake zur Verfügung, die ansonsten verschwunden sind. Das gesamte Lotzbeck-Angebot solcher Tabake ist Geschichte. Man kann heute nur noch ihre Namen auf einer Liste (die ich hier auf der Seite http://www.smokeless-forum.de/viewtopic.php?t=2416 reingestellt habe) nachlesen, aber schnupfen kann man sie nicht mehr.
Und deshalb sind diese vier Bernard-Tabake ganz besonders wichtig, weil sie (soweit ich es jetzt sehen kann) die einzig heute noch erhältlichem Tabake dieser Art aus einer fernen, vergangenen Zeit sind.
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Beitragvon Schnatermann am 16.07.2007, 18:00

@Ralph: Da muss ich Dir Recht geben auch wenn ich Schmalzler-Konsument bin.
Du schreibst,dass diese alten Sorten nur noch von Bernard produziert werden und die einzigen erhältlichen dieser alten Art von Schnupftabak sind. Aber ich meine "Macuba"(den Bernard eingestellt hat) und "Prinsregent"(der wenn ich mich nicht irre von der schlesischen Fabrik Doms aus Ratibor hergestelt wurde) von der holländischen Firma de Kralingse gehören auch noch zu dieser Kategorie.
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Beitragvon Brisil am 16.07.2007, 19:37

@ Ralph : Und wie würdest Du Bernards Schmalzlerfranzl in diesem
Zusammenhang einordnen ? Ich muss jetzt doch mal den
Experten fragen.
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Beitragvon Ralph am 16.07.2007, 20:24

Ja der Schmalzlerfranzl ist ein Schmalzler-Tabak, der gehört jetzt nicht in die Gruppe der obigen Bernard-Tabake. Ein Schmalzler ist ein angefetteter Tabak, früher mit Schweineschmalz, na das wurde dann ranzlig, heute gibts da bessere Methoden. Die anderen das sind die angefeuchteten Tabake, na ja so feucht sind die dann auch wieder nicht, also die Civette ist ziemlich trocken. Gemeinsam aber ist beiden Tabaken der Tabakgeschmack. Also ich habe in mein Tabakinventar zu Original Schmalzlerfranzl Brasil hingeschrieben: "Ein guter dezenter tabakgeschmacksorientierter Schmalzler." Weiter habe ich ihn nicht getestet, weil er nur sehr schwer erhältlich ist und auf dieser Plastikbox das Bild des Schmalzlerfranzl drauf ist. Deswegen steht die Box bei mir unter verschärftem Denkmalschutz. Der Kommentar in meinem Inventar dazu lautet (ui, jetzt wirds volkskundlich-wissenschaftlich) :

"Diese Box traegt die beste Abbildung des Schmalzlerfranzl in
den originalen Farben und als Oberkoerperdarstellung, ansonsten
sieht man ja nur eine Kopfdarstellung mit kleinem
Brustausschnitt. Da ich nicht weiss, ob diese Box noch einmal
erhaeltlich ist, kassiere ich sie sofort fuer das Museum, ein
weiteres Testen des Tabakes findet dadurch nicht mehr statt.
Volkskundlich waere auch die Frage zu stellen, ob hier ein
frei erfundenes Gemaelde vorliegt, oder, was wahrscheinlicher
ist, ein Gemaelde aufgrund einer Fotografie einer ganz
bestimmten Person, die namentlich benennbar sein koennte und
deren Tracht lokal zuweisbar waere. Zu bemerken ist auch, dass
die Abbildung des Schmalzlerfranzl bis in die Zeit um 1900
zurueckverfolgbar ist."
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Beitragvon Brisil am 17.07.2007, 20:02

Vielen Dank für den aufschlussreichen Beitrag. Vielleicht könnte ein Mitarbeiter der Bernard AG das Rätsel um den Schmalzlerfranzl lösen...
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Beitragvon Schnatermann am 18.07.2007, 17:43

Interessant finde ich,dass der Schmalzlerfranzl an der rechten Seite einen Ohrring trägt.
War das nicht zu diesen Zeiten recht ungewöhnlich für Männer ausser man gehörte ganz bestimmten Berufsständen an wie z.B. wandernde Handwerksgesellen oder Seeleute?
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Beitragvon Ralph am 20.07.2007, 15:31

Wenn man genau mit der Lupe, noch besser mit dem Fadenzähler beim Schmalzlerfranzl rumsucht, wird man feststellen, dass er auch links einen Ohrring trägt. Bei den Bauern in Bayern war so etwas durchaus üblich, glaubte man doch, dass ein goldener Ohrring in der Lage wäre, Augenleiden abzuziehen. Ausserdem trägt sogar der erste bayerische König Maximilian I. Joseph (1756-1825) auf vielen Ölgemälden rechts einen goldenen Ohrring.
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