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Gesundheit!
Wenn wir das jetzt alles in der Nase haben plus den führenden Krebserreger Tabak, fragen wir natürlich: Und das soll gesund sein?
Indes neigen nach immer wieder aufflammenden Auseinandersetzungen Wissenschaft und Erfahrung einem weitgehenden Freispruch des Schnupftabaks zu. Es fehlt ja jegliches Kondensat! Und was im Verbrennen entfesselt wird und inhaliert – auch. Der Aufkleber der Todesdrohungen, der die Zigaretten für coole junge Menschen so attraktiv macht, wurde auf den Schnupfboxen abgelöst durch den milderen: „Kann Ihre Gesundheit schädigen und macht abhängig.“ Früher hieß der Stoff auch „Gesundheitstabak“, „Nervenverstärker“, „Medicated Snuff“ oder „Augentabak“. Hals-, Nasen-, Ohrenärzte priesen den positiven Effekt bei trockenen Schleimhäuten („Im Untertagebau wird begeistert geschnupft.“), der Medizin-[b]Nobelpreisträger Wagner-Jauregg empfahl 1936 das Schnupfen als vorzügliches Mittel gegen Kopfschmerzen.
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[b]Andere Ärzte wollen beobachtet haben, dass Schnupfen Erkältungen vorbeugt[/b], und das trifft sich mit den Erhebungen der Hersteller bei Kunden wie in den eigenen Häusern, wo die Krankenstände legendär niedrig sein sollen. Und natürlich stärkt der „Augentabak“ durch die Ermunterung sekretorischer Vorgänge im Erkerbereich die Sehkraft. Immer wieder aufkommende Gerüchte, zur Gewinnung einer höheren Reizpotenz würde gestoßenes Glas zugefügt, konnte der Autor bei seinen Recherchen schon vor Jahrzehnten verwerfen. „Bei diesem Gerücht handelt es sich um ein Märchen“, antwortete damals Bernhard. Und die Landshuter kannten auch dessen Ursprünge: „Hier handelt es sich um ein Märchen, und das kommt daher, weil vor Jahren im Bayerischen Wald ein Glasmacher seinem Kollegen Glasstaub heimlich in die Schnupftabakdose beimischte, um ihm zu schaden, was dann von einer Zeitung verallgemeinert wurde. Laut Lebensmittelgesetz wäre Glasbeimischung ohnehin verboten.“
Um noch einmal auf den Krebs zu kommen: Eine ausführliche und neue Studie des Bremer Instituts für Präventionsforschung kann keine signifikante Beziehung zwischen Schnupftabak und dem eh seltenen Nasenkrebs feststellen. Es sei denn, der Schnupfer raucht auch noch. Auch Oberarzt Önder Götkas von der HNO-Abteilung der Charité in Berlin gibt zu, dass es immer noch nicht gelungen ist, den Nasentabak zu überführen. Er berichtet aber von amerikanischen Studien, wonach durch reiche Schnupftabakgaben bei Mäusen und Ratten zarte Schnäuzchen kanzerös erkrankten. Und er warnt davor, dass der Nikotinsüchtige vom Schnupfen zum Rauchen wechseln könnte.
Die tatsächliche gesellschaftliche Entwicklung dürfte aber gerade andersherum verlaufen. Und über die Menge des hochgezogenen Pulvers wäre in diesem Zusammenhang auch noch zu reden. Dänische Spitzenschnupfer brachten es um 1800 beispielsweise auf einen Jahresverbrauch von 20 Kilogramm. Der kultivierte mitteleuropäische Schnupfer unserer Tage versorgt sich aus einer Zehn-Gramm-Box, die ihm mindestens eine Woche reichen dürfte. Übrigens zum Preis einer halben Schachtel Zigaretten. Zusammengefasst können wir getrost feststellen, dass unter all den Formen des Tabakgenusses, dem Kauen, dem Rauchen, das Schnupfen am ungefährlichsten ist.
quelle: http://www.welt.de/lifestyle/article1613379/Schnupfen_statt_Rauchen_Genuss_ohne_Reue.html